

Dominik Nieder welcher selbst sagt
“Ich bin nicht ausgewandert, sondern eingestiegen ins richtige Leben”
MM:
In diesem Artikel geht es um das Thema Aussteigen einer Lebensform, die viele Menschen begeistert, doch nur wenige Menschen sind damit dauerhaft glücklich.
Guten Tag Dominik Nieder, Sie sind in Österreich geboren, aufgewachsen und mit 29 Jahren zum Aussteiger geworden.
Wie kam es dazu?
Dominik Nieder:
Ich bin eher eingestiegen ins richtige Leben ohne permanente Zwänge und Normen, denen man sich unterwerfen soll oder teilweise auch muss, um ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu sein. Bereits mit 23 Jahren spürte ich, dass da draußen noch viel mehr auf mich wartete.
Ich fühle mich einfach als Kosmopolit und Weltenbummler.
MM:
Sie sind in Linz aufgewachsen, wie war das für Sie?
Dominik Nieder:
Das stimmt teilweise.
Vom dritten bis zum elften Lebensjahr war ich gezwungen, bei meiner Mutter in Salzburg zu leben. Es gab viele Probleme (Streit und Unruhe).
Im Alter von 11 Jahren haben mich meine Großeltern adoptiert, sonst wäre ich heute nicht da, wo ich hingehöre, beruflich wie privat versteht sich.
Dafür empfinde ich tiefste innere Dankbarkeit.
MM:
Waren Ihre Großeltern mit Ihnen als Teenager manchmal überfordert?
Dominik Nieder:
Ganz im Gegenteil.
Mit meinen Großeltern habe ich bereits bis zum 16 Lebensjahr mehr als 17 Flüge absolviert.
Wir hatten quasi „unbegrenzte“ Möglichkeiten durch meinen Opa, der vor seiner Pensionierung zweiter Generaldirektor in einem der größten Stahlkonzerne Europas war.
Unser Leben war aufregend und ich fühlte mich dauerhaft geborgen.
Mein Opa ist mir in vielen Punkten ein Vorbild geblieben.
Ich würde gerne selbst so besonnen und weniger mit dem Kopf durch die Wand gehen, aber da fehlen mir anscheinend noch 20 Jahre Lebenserfahrung oder vielleicht sogar mehr.
Mein Großvater ist nun 91 Jahre alt und hat geistig in keinster Weise abgebaut (wir telefonieren jede Woche).

MM:
Was hat Ihnen an Österreich gefehlt, warum haben Sie das Land verlassen?
Dominik Nieder:
Schauen Sie, mir fehlt einfach die amerikanische Mentalität.
Ich selbst komme ja aus einer deutschen Familie und in Deutschland ist es ebenso nicht anders.
Ich mag die Menschen und liebe meine Heimat, aber das Österreich der 90er Jahre, wo es eine positive Stimmung und Veränderung gab, sehe ich heute nicht mehr.
Wenn Sie mal eine Firma oder ein Business an die Wand fahren in diesem Land, sind Sie ein Geächteter.
Ich war 2 mal Pleite und habe erst jetzt mit meinem Business Partner Robert mit der Firma den finalen Durchbruch geschafft, was für mich bedeutet, das tun zu können, was ich will, 24 Stunden am Tag weltweit.
Mein amerikanischer Traum ist nur wahr geworden, weil ich Österreich den Rücken gekehrt habe.
Früher haben mich manche Leute als Fantast oder Spinner bezeichnet, heute zollen Sie mir Respekt, doch heute werden genau diese Leute von mir nicht mehr wahrgenommen.
MM: Hatten Sie nie Zweifel, ob Sie den ganz großen Durchbruch schaffen?
Dominik Nieder:
Das ich die Qualitäten mitbringe, Netzwerke zu bauen durfte ich bereits beim IT Unternehmen Ontrack oder für die NOVO Gruppe als Head of Global Business unter Beweis stellen wo ich weltweit im Einsatz war.
Ich gebe offen zu, dass es noch immer Tage gibt, wo ich an Dingen zweifle, aber der Erfolg unserer Mitarbeiter und des Unternehmens lässt diese Gedanken wieder verschwinden.
Wer sagt, er zweifelt nie an sich selbst, der reflektiert möglicherweise noch nicht richtig an sich selbst.
MM:
Wo leben Sie derzeit?
Dominik Nieder:
Derzeit verbringe ich 2 x 3 Monate im Jahr in der West-Ukraine (auch in Zeiten des Krieges weil ich an die Menschen und das Land glaube) und 1x 3 Monate in Istanbul im Taksim Viertel.
Die restlichen 3 Monate reise ich global around the Globe, um das Wachstum von tawk.to zu erleben und mich zu erfreuen, wie immer mehr junge, coole Leute zu uns kommen.
Sonst arbeite ich grundsätzlich remote als Aussteiger und wilder Nomade, eben ein Top Vorteil in der Digital Branche.
MM:
Was können Sie einem Startup raten?
Dominik Nieder:
Groß denken, sich verbeißen, aber auch mal ein Projekt aufgeben, wenn es die erwarteten Früchte nicht trägt.
Nach einer Niederlage gleich wieder ein neues Projekt starten, solange bis es eben funktioniert.
Sich Pausen gönnen und sich nicht kaputt arbeiten, wie ich es damals tat.
Hören Sie auf Ihren Körper, gönnen Sie sich ausreichend Ruhe.
MM:
Was wünschen Sie sich besonders für die Zukunft?
Dominik Nieder:
Das es meiner Familie weiter so gut geht und ich so weiterleben kann wie bisher.
Mich weiterhin für Menschen, die auf der Straße leben, einsetzen und last but not least, dass die Menschen endlich korrekt Ihren Müll trennen und die Tiere mit Respekt behandelt werden, weil mir Umweltschutz eine Herzensangelegenheit ist.
Ich danke Ihnen für Ihre Zeit
Interview vom 10.06.2023